Donnerstag, 1. Februar 2018

Viva con agua

Wir umarmen uns zum Abschied. Wir lächeln. Wir denken beide, dass wir uns wiedersehen werden. Das werden wir nicht.

Du meldest dich, wenn du Zuhause angekommen bist, sagst du, ich nicke. Du musst gerade mal Zuhause angekommen sein, da kommt die Nachricht schon. Wie der Abend für mich gewesen wäre? Du würdest mich gerne wiedersehen. Ich dich auch...

Mitte nächster Woche soll schon das nächste Treffen sein und ich freue mich ab da jede Minute dich endlich wieder zu sehen. Du hast vieles, was deine Vordates nicht vorweisen konnten: einen vernünftigen Job, etwas im hübschen Köpfchen, was zu erzählen... Wir wollen jetzt nicht direkt komplett ausflippen aber ich mag ihn. Von der Art her... Vielleicht ist das die berühmte Liebe auf den zweiten Blick oder könnte zumindest so etwas werden, denn ich zweifel noch.

Wir texten die komplette nächste Woche fast ohne Pause. Eines Nachts schickst du mir ein Bild mit der Info, du bist jetzt im Krankenhaus und dann kommt stundenlang keine Antwort mehr... Ich hab die Nacht kaum geschlafen. Du hattest Fieber, das war auf einmal zu hoch, erzählst du am nächsten Morgen. Von diesem Zeitpunkt aus vergehen Wochen, in denen ich versuche dich zu trösten, dir irgendwas positives an der Situation abzugewinnen. Klar, das geht nicht so einfach... Das bremer Krankenhaus scheint dich ganz schön zu quälen, du bist unzufrieden, willst raus, willst Besserung. Nichts dergleichen tritt ein. Stattdessen geben sie dir immer mehr Tabletten, die dich zunehmend müder machen. Das sagst du immer wieder.

Wir beschließen, dass ich dich Nikolaus besuche. Damit du mal was anderes siehst, bisschen Ablenkung bekommst. Als ich Nachmittags immer wieder frage, ob alles in Ordnung ist, kommt keine Antwort. Ich fange an mir Sorgen zu machen. Als du dich Abends meldest, bist du an der Medizinischen Hochschule Hannover. Hannover? MHH? Moment mal, was ich hier eigentlich los?!? Du sagst wieder, dass ich mir keine Sorgen machen müsste. Bremen hätte einfach nicht genügend Möglichkeiten für Tests. Ich glaube dir, mir bleibst nichts. Aber unterbewusst sagt mir etwas, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Denn als auch die MHH nach ca. 5 Wochen dein Fieber nicht runter bekommt und keine Lösung des Problems findet, kommt mir das mehr als seltsam vor! Hey, wir reden hier von der MHH! Das ist kein 0-8-15-Krankenhaus. Da habe ich Menschen mit Blut in einer Tasche neben sich laufen sehen, die sahen mehr Tod als lebendig aus. Die basteln Menschen nach Unfällen neue Kiefer und die sehen danach aus als wäre nichts gewesen! Und DIE kriegen dein Fieber nicht runter?!?

Nach zwei Wochen an der MHH ist langsam Besserung, aber eine plausible Erklärung kannst du mir für deinen Zustand nicht geben. Man müsste noch Tests machen, was die ganzen Tabletten angerichtet hätten... Am Tag als du rauskommst, kommt gegen Vormittag eine Nachricht mit etwa folgendem Inhalt: Du weisst, wie blöd und überraschend das jetzt rüberkäme, aber du brauchst nun erst einmal Zeit für dich und deine Krankheit.

Die nächsten Tage fragt meine Mama immer wieder, ob du dich noch mal gemeldet hast. Das hast du nicht und ich habe auf die letzte Nachricht nicht geantwortet. Ständig stellt sie irgendwelche Thesen auf, was du alles hast. Sie glaubt immer alles besser zu wissen. Es nervt mich einfach, sie soll mich damit in Ruhe lassen. Zu Weihnachten beschließe ich dir noch einmal zu schreiben. Einfach frohe Weihnachten zu wünschen. Du erzählst, dass du jetzt auf Kur bist und ich sage, dass du dich gerne melden kannst, wenn du mal reden willst. Wir wissen beide, dass das nur leere Worte sind und das auch nie eintreten wird.

Was du nicht weisst, ist, dass egal, was du gehabt hättest, ich wäre nicht einfach weggerannt. In guten Zeiten Händchen halten ist schön, in schlechten Zeiten nicht loslassen tun leider nur die wenigsten!