Montag, 8. Juli 2019

Wenn der Kopf sagt LOS! aber der Körper nicht kann

Ich habe hier wieder so ein Thema, wo ich nicht weiss, wie man das am besten anfängt oder wie es angefangen hat... Hätte nie gedacht, dass ich mal in so eine Situation komme, weil ich die einfach nicht für real gehalten habe. Ich glaube, es war so:

Du hast ganz dünne Haare bekommen, sagte meine Mama. Ich schaue sie verzweifelt an. Das weiss ich, das habe ich auch schon gemerkt, aber ich weiss nicht mehr, was ich dagegen tun soll. Ich habe diverse Dinge versucht, aber es wird nicht besser. Ich glaube, das liegt an der Pille, sage ich, das steht als Nebenwirkung drin.

Ich komme nach Hause, lege mich aufs Sofa, döse ein. Um 22 Uhr wache ich wieder auf und gehe ins Bett. Das ist bestimmt die Frühjahrsmüdigkeit, sage ich zu meiner Kollegin. Ja, meint sie, das hätte sie auch. Immer mal wieder. Bei mir ist es nicht immer mal wieder. Es geht seit Wochen so und ich kriege keinen Dreh mehr rein. Vll liegt es daran, dass ich nachts nicht vernünftig schlafe, versuche ich mich zu beruhigen, aber auch eine Umstellung da führt zu keiner Besserung.

Das ist jetzt fast 1,5 Jahre her. Vor 1,5 Jahren hätte ich nicht vor diesem PC sitzen können. Ich hätte mich ins Bett verzogen und geschlafen. Müdigkeit war mein ständiger Begleiter. Das wurde immer mehr und mehr zur Belastung. Ich hab mir die Abende mit Terminen mit Freunden vollgepackt um nicht nur noch zu schlafen. Dachte immer noch Nebenwirkung der Pille, du musst dich nur dran gewöhnen, andere Frauen schaffen das auch. Du stellst dich einfach an. Mehr und mehr hatte ich alle auf dem Beipackzettel genannten Nebenwirkungen und zunehmend immer schlechtere Laune.


Seit November geht es Mama nicht gut, sie terrorisiert die komplette Familie damit. Ich denke, ich bin einfach fertig von der ganzen Situation. Stress macht krank, ich bin dauerhaft krank. Seit Monaten erkältet, ich bekomme es gar nicht mehr weg. Alle Hausmittel und Medikamente versagen oder lindern die Beschwerden nur paar Stunden. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie es ist durch eine freie Nase zu atmen. Vll schlafe ich deshalb auch so schlecht.

Mama schafft es nur bis Februar. Am 07. kommt in der Mittagspause die Nachricht, es ist vorbei. Es fühlt sich kurz wie Befreiung an, ich weiss, es geht ihr jetzt besser. Auch bei mir ist kurz Besserung und ich funktioniere, organisiere, räume, mache und tue. Ich lerne jemanden kennen, blöde Umstände aber ich rede mir ein, das könnte passen, alle reden mir ein, das könnte passen. Es passt nicht, nie und zu keiner Zeit, aber es hat schöne Momente, die mich glauben lassen, dass nach jedem Tief ein Hoch kommt. Das Hoch bleibt aus, stattdessen geht es noch tiefer runter. Als er mir sagt, dass auch er gemerkt hat, dass es nicht passt, geht für mich eine Welt unter. Und nun halten wir uns das Ganze mal nüchtern vor Augen: Es geht eine Welt unter, obwohl ich den nicht mal annähernd für immer wollte. Da waren keine echten Gefühle, vll ein paar nette Momente. Das war alles, aber ich heule als hätte ich meine einzige große Liebe verloren. Ich heule auf dem Weg zur Arbeit, auf dem Weg von der Arbeit, beim Essen, auf dem Sofa, im Bett. Ich kann mich gar nicht mehr beruhigen. Meine beste Freundin hat es gerade nicht leicht mit mir und ich bekomme immer mehr Angst vor mir selbst.

Sonst waren das paar Tage, wo ich geknickt war. Dann war alles wieder gut. Warum wirft mich ein unbedeutendes nein nun so aus der Bahn? ich beginne mich von allem zu trennen was mich überfordert. Menschen, Dinge, sogar meine beiden Haustiere fallen dem zum Opfer, weil es mich überfordert für zwei Vögel den Futter- und Trinknapf regelmäßig zu füllen. Ich verbringe mein Leben eigentlich nur noch auf dem Sofa und wenn ich nicht heule, dann finde ich einen Grund zum heulen. Ich fange an Psychologen zu googlen, ich habe Angst vor Depressionen. Ich habe es bei Mama gesehen, ich will nicht zur Belastung für alle anderen werden, aber ich bekomme die Nummer nicht ins Handy getippt. Kein Anruf, also auch kein Termin.

Das ist das schlimmste. Du weisst, dass du etwas tun musst, aber du kannst nicht. Und ich rede hier nicht von einem kleinen Schweinehund oder akuter Unlust. Du bist zum Beispiel nicht in der Lage aufzustehen! Der Kopf sagt, du musst, der Körper sagt, ich kann nicht. Du schaust minutenlang auf deine Uhr, du siehst wie die Zeit vergeht, du schließt die Augen, döst wieder ne halbe Stunde, machst die Augen auf. Diesmal stehe ich auf, denkst du, aber es passiert einfach nichts. Ich habe in dieser Zeit Nächte auf dem Sofa geschlafen, weil der Weg ins Bett zu weit, zu beschwerlich oder was weiss ich war. Was ist nur passiert? Ich denke an die Zeit zurück, wo ich nach jedem Feierabend unterwegs war, Freunde treffen, irgendwas suchen, gucken, machen. Ich habe da keine Kraft mehr zu. Ich bin müde. Diesmal schiebe ich es aufs Alter.

Der Arzt ruft an, irgendwelche Werte seien bei dem leztzten Test nicht okay gewesen, ich muss in einem halben Jahr noch einmal wieder kommen. Das halbe Jahr ist eine Katastrophe für mich. Oma Krebs und tot, Mama Krebs und tot. Jetzt bist du dran, denke ich. Als der Termin kommt sitze ich zitternd da und erzähle alles, was mir in diesem Moment einfällt, was mir komisch vorkommt seit Langem. Ich kann nicht schlafen zu gewöhnlichen Schlafenszeiten, vergesse alles, was man mir erzählt, bin aber dauerhaft müde, schlechte Laune, katastrophenartige Anwandlungen, Haare fallen aus, Fingernägel brechen und ich kann einfach nicht mehr aufstehen... Alles Nebenwirkungen, die bei der Pille auch stehen. Ich will die nicht mehr. Ich brauch die nicht mal, aber meine Angst, es könnte was passieren, ist zu groß. Doppelt hält eben besser. Safety first und so. Man hat nur dieses eine Leben.

Es werden diverse Tests gemacht. Nach ein paar Tagen ruft eine mir unbekannte Nummer an, aber ich kann anhand der Vorwahl erkennen, wer das sein muss. Ich schlucke, nehme das Handy und verlasse das Büro. Holen Sie sich nach der Arbeit ein paar Tabletten raus, das ist nichts schlimmes... Ich kann mich die ganze Zeit im Büro nicht mehr konzentrieren, kann ich seit einer ganzen Weile schon nicht mehr, auch eine Nebenwirkung, wie ich später erfahre. Schon wieder krank denke ich, warum trifft es immer dich?

Zwei Wochen vergehen mit Tabletten und ich habe das erste mal wieder das Gefühl, dass alles gut ist, ich heul nicht mehr, es gibt keinen Grund dazu. Alles komischen Dinge, die ich gemacht habe, da lache ich nun drüber, weil ich die selbst nicht mehr verstehe. Eine gute Sache hatte das ganze dennoch. Ich hab mein Leben aufgeräumt. Nicht nur ein bisschen, sondern von Grund auf. Ich denke, ich habe auf einmal verstanden, worum es geht, auch wenn ich das beschwerlich lernen musste. Seit Montag keine Pille mehr, keine zusätzlichen Tabletten um die Nebenwirkungen zu stoppen. Kein Wenn oder aber... Mein Körper brauchte fast 2 Jahre zurück in den ursprünglichen Zustand aber ich bin dennoch stolz das geschafft zu haben.

Life is not measured by the breaths you take but by the moments that take your breath away.

Donnerstag, 28. Februar 2019

By the numbers

Ich bin 1,65 m; an guten Tagen wiege ich 74 kg; an schlechten Tagen 78 kg. Ob mich das stört? NEIN! Warum sollte es?

Ich fühle mich manchmal als hätte ich tonnenweise Make-up im Gesicht und dann sagt jemand, ich sehe sehr natürlich aus.

Ich hatte einen Notendurchschnitt vom 3,1 und trotzdem kann ich Menschen in Grund und Boden diskutieren. Ob ich dumm bin? Vll, aber ich habe dabei Abi.

Ich ernähre mich nicht ausschließlich von Orangen, Bananen und Haferflocken. Ich esse, was mir schmeckt. Ob ich deswegen fett bin? Möglich aber andere nennen das sexy.

Meine Haare glänzen nicht wie die eines Supermodels und trotzdem spielt er mit meinen Haaren oder streicht sie mir aus dem Gesicht bevor er mich küsst. Ob ich in dem Moment mit jemanden mit den tollen Haaren tauschen möchte? Niemals!

Ich rauche nicht und schade damit nicht Lunge, Leber und den ganzen anderen Organen. Anscheinend macht mich das uncool und ich gehöre nicht dazu. Dann sei das so...

Ich bin treu wie ein Hund seinem Herrchen, aber dennoch nennt irgendwer mich Schlampe, weil ich nicht tue, was er von mir erwartet. Der nächste nennt es selbstbewusst...

Ich habe nicht diese tollen langen Wimpern oder vollen roten Lippen, aber ich habe das Glänzen in den Augen.

Ich könnte das ewig so weitermachen...
Ich weiss gar nicht in wie vielen Punkten ich nicht dem Ideal entspreche, aber ich möchte nicht anders sein. Wenn ich in den Spiegel schaue, lächel ich.

Man misst Menschen am Intelligenzquotien, an Noten, an Gewicht, Aussehen, Alter... whatever...
Ob irgendeines dieser Werte zu einem perfekten Menschen oder Leben führt, wage ich zu bezweifeln. Sicher ist aber, dass sich viel zu viele von ihrer Umwelt erzählen lassen, wie sie zu sein haben. Geht ja schon mit der Werbung los, die uns erzählt, was mit uns Frauen alles nicht stimmt. Hört auf das zu glauben, ihr seid perfekt, so wie ihr seid!

Deshalb schreibe ich das hier, für alle, die perfekt unperfekt sein wollen - so wie ich - die sich trauen nicht der Norm zu entsprechen und sich nicht von anderen in Formen quetschen lassen wollen.

Für alle Freunde, die sich nie live getroffen haben, weil sie Angst haben, dass sich etwas ändert
Für jede Zahnlücke und jedes Hexenlachen, dass zum mitlachen ansteckt
Für jedes kleine Bäuchlein, was gestreichelt werden will
Für Augenzwinkern und Tränen lachen
Für Stolpern, fallen und danach wieder aufstehen
Für angeben und dann jämmerlich versagen
Für über sich selbst lachen können
Für nicht auflegen wollen und immer wieder schreiben
Für verwuschelte Haare und verschmiertes Make-up
Für den anderen festhalten und nicht gehen lassen wollen
Für sich trauen jemanden zu sagen, wie gern man ihn hat
Für alles riskieren auch wenn es hoffnungslos scheint
Für kribbeln im Bauch un dumme Dinge tun
Für nachts auf Deichen spazieren gehen und in Restaurants laut singen
Für Luftschlösser bauen
Für Träume erfüllen egal wie albern

Für ganz lange in den Arm nehmen und jemandem das Gefühl geben etwas besonderes zu sein
Für einfach nur glücklich sein

Dafür, dass wir keine Nummern brauchen um die Nummer eins zu sein

Dienstag, 19. Februar 2019

Laissez parler

*** ATTENTION EXPLICIT CONTENT *** ALLES SCHON MAL ÜBER MICH GEHÖRT ***

Er nimmt meine Hand, schaut mir in die Augen: Du hast gar keine künstlichen Fingernägel...

Meine Haare sind auch echt und ich hab noch nicht mal was aufgespritzt.

Ich bin fett, hässlich und aufgedunsen.

Dumm hab ich noch vergessen, sorry, bei dem Intelligenzquotienten kein Wunder.

Wie Männer überhaupt eine Schlampe wie mich daten können...

Ich gehöre mal wieder orgentlich durchgefickt...

Die stille Pause zwischen: "Du bist so hübsch" und "eingebildetes Miststück"

Schlampe, Bitch, Hurentochter, Sklavin...

Sie kommen in meine Straße und dann kann ich was erleben...

Ich könnte mir schon mal einen Sarg kaufen...


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Ich wünsche euch allen nichts böses, ich wünsche euch lediglich, dass ihr mal so behandelt werdet, wie ihr es mit anderen tut.

Donnerstag, 14. Februar 2019

Happy Valentines day

Liebe Insta-Poster,

Mit den Hashtags

#happyvalentinesday
#bestermannderwelt
#blumen
#sweethome
#lovemylife

bitte nervt doch jemand anderen...

Es ist schön, dass euer "Mann" einmal im Jahr schafft euch Blumen zu bringen.
Es ist toll, wie schön ihr den Strauss in Szene setzt. 
Alle sollen denken ihr habt das perfekte Leben.

Das habt ihr, in dem Moment, wo das Online geht und alle eure Fakefriends denken "OMG - sie hat so ein Glück. Ich bin so neidisch".

Ich verzichte. Ich brauche keinen Tag um jemandem zu sagen, dass ich ihn mag und ich lasse mir von niemandem sagen, wann ich jemandem eine Freude machen muss.

❤❤❤Allen anderen, die die wenige Zeit nutzen, die für Zweisamkeit mit dem Partner oder einem geliebten Menschen bleibt, wünsche ich einen wunderschönen Valentinstag. Ihr  macht es genau richtig ❤❤❤

Donnerstag, 7. Februar 2019

03.03.1957 - 07.02.2019

Das Schönste, was ein Mensch hinterlassen kann,
ist ein Lächeln im Gesicht derjenigen, die an ihn denken.

In loving memory...

Dienstag, 5. Februar 2019

Freitag, 25. Januar 2019

Bittesehr

Aus und vorbei mit allen Wünschen und Hoffen
Alles, was ich habe ist eine Rechnung offen
Wir werden sehen, wer am Ende noch steht
Gegen das was jetzt kommt, bist du Analphabet

Du hast mich nicht verdient, da werd ich explizit
Denkst du kannst Battlerapp, doch ich mach dich fertig - auch ohne Beat
Du hälst dich für den Größsten, kannst mit der Corvette ruhig weiter angeben
Wohnst in Omis Häuschen und ausser Alkohol hast du nichts weiter im Leben

Diggi hat drei Reime und würde sie gerne schmeissen die Scheine
Sie lachen über dich - von hier bis nach Rheine
Du denkst, du battlest mich und dass du der neue Sido bist
Du bist so fame, du bist nicht mal Kreisligist

Du nennst dich (S)chabo, doch so ist es nicht
Du musst noch zur Schicht und dann puste ich dir aus das Licht
Immer wieder fluckerst du, du wärst ne gute Partie
Nicht in deinem Dorf, nicht auf dieser Welt, nicht in der ganzen Galaxie

Ob Stella, Arabella oder Mortadella
keine möchte ein Märchen mit dir wie Cinderella
Währenddessen chill ich auf ner Yacht in Marbella
Oh Bae, I am goin' to tell ya

Ich bin gefährlich, denn ich bin immer ehrlich
Ich brauch dich nicht, denn du bist entbehrlich
Hättest gerne, dass ich dein Frauchen bin
Träumen wird man dürfen, werd niemals deine Gattin

Behalt sie für dich deine dreckigen Gedanken
Dafür weise ich dich jetzt in deine Schranken
Oben ist es einsam doch hier ist nur Platz für ein'n
Ja, ich schick dich zurück auf den kalten Bordstein

Feierst dich weil Nudes auf Snapchat hast, da biste blind,
weil nicht verstehst, dass das alles nur Bitches sind
Du suchst nach Ausreden mit allen Kräften
Denn du bist zu feige mich zu treffen

Ja, so ist es, bei mir läuft's du Spast
Halt die Fresse, weil du mir nichts zu sagen hast
Und du zitterst schon ganz unterbewusst
weil du jetzt damit umgehen musst

Bleibst alleine, das bringt dich zum flennen
Keine Lady hat dich im Rennen
Lügen, Alk und Gaming sind deine Schwächen
Zudem hälst du nie ein Versprechen

Und du kannst weiter flehen,
ich hab gar keinen Bock mehr dich zu sehen
Falls es jetzt noch irgendwen wundert?!
Du bist gemein wie Zehn, ich bin gemein wie Hundert

Bevor das hier noch weiter ausartet
Sag ich es dir: die Hölle wartet
Dafür hast du schon den Fahrschein
Denn ab jetzt ficke ich dein Dasein

Könnte dich k.o. machen mit nur einem Schlag
Weil das ne Hinrichtung ist, wird heut dein Todestag
Alles, womit du dich schmückst ist Schrott
Drum gibst du dir am Ende selbst den Headshot

Donnerstag, 24. Januar 2019

Ich will unbedingt zu dir in die Hauptstadt...

Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, wie das angefangen hat. Ich lag bei meiner Mama auf dem Sofa, das weiss ich noch, und wir haben Shopping Queen geschaut so wie jeden Freitag. Du hast mich angeschrieben, so wie viele andere auch. A..., 36, aus Berlin... mit Fakenamen und nichtssagenden Profilbildern. Du würdest jetzt Sachen packen und zu deinen Eltern fahren. Okay, was interessiert mich das, habe ich damals gedacht...?!? Aber ich habe dir immer wieder geantwortet. Mir hat deine freche Art gefallen und so haben wir uns den ganzen Nachmittag unterhalten bis spät in die Nacht, den Samstag bis du auf einmal fragst, ob wir uns nicht treffen wollen. Treffen? Berlin? Ich verstehe nicht ganz... Du schickst ganz viele Grinsegesichter, deine Eltern wohnen in meiner Gegend.

Das geht mir eigentlich zu schnell, aber ich lasse mich zum spazieren gehen im Park überreden. Es ist Frühling, draussen ist es noch etwas kühl aber die Sonne scheint. Du redest die meiste Zeit, wir laufen an unserer alten Schule vorbei und gucken neugierig in die Fenster, erzählen, wie es früher war. Noch eine rauchen, sagst du, dann muss ich weiter an die Schlachte, treffe mich mit paar Ehemaligen dort. Wir setzen uns auf eine Bank. Ich merke, wie du mich von oben bis unten musterst. Du rückst näher an mich ran. Ich hab bis jetzt immer noch das unschuldige Blödchen gespielt. Irgendwie läuft die Masche bei dir und ich muss nichts über mich preisgeben. Du rückst noch weiter an mich ran. Ich will dich küssen, flüsterst du. Versuch es, antworte ich und dann küsst er mich. Kurz darauf trennen sich unsere Wege. Er muss gerade an der Schlachte angekommen sein, da meldest er sich schon wieder und erzählt mir haarklein, was er alles mit mir anstellen will. Dazu kommt es aber nicht. Am nächsten Morgen geht es zurück nach Berlin.

Ich höre eine ganze Weile nichts von dir. Dann bist du plötzlich wieder in der Gegend. Deinem Vater geht es nicht gut, man hat Krebs festgestellt. Ich versuche dich ein bisschen aufzuheitern. Erzähle von meiner Mama. Wir haben ähnliche Schicksale. Du versuchst noch mal dein Glück mit einem Treffen aber ich habe an diesem Wochenende bereits ein Date und gegen den kommt zu dem Zeitpunkt keiner an.

Wieder vergehen Monate ohne jeglichen Kontakt. Ich lösche irgendwann die Unterhaltung. Dich werde ich wohl nie wieder lesen, denke ich. Es ist mittlerweile Weihnachten und ich sitze alleine auf dem Sofa. Das ist das erste Weihnachten alleine seit über 12 Jahren. Es fühlt sich komisch an. Da bist du wieder. Du wolltest mir frohe Weihnachten wünschen und ab dem Zeitpunkt schreiben wir wieder jeden Tag. Mich deprimiert das alleine sein zunehmend und das lasse ich in dem Moment leider sehr raushängen. Du erzählst mir, du seist ein Arschloch, denn du hättest noch nie einer Frau einen Blumenstrauss oder einen Ring geschenkt und du bist schonungslos ehrlich und dann tröstest du mich, baust mich auf, hörst dir mein ganzes Gejammer an und sagst mir die Meinung, wenn es Not tut. Ich habe das Arschloch noch nicht gefunden, denn das was du gerade tust, ist viel besser als Blumen und wertvoller als jeder Ring. Vielleicht hast du auch einfach die Frau noch nicht getroffen, für die du all das tust, was du bis jetzt nicht für nötig gehalten hast. Was glaubst du, warum ich dich immer wieder anschreibe, fragst du irgendwann, ich fand dich von Anfang an toll, wie du gelächelt hast in deiner dicken Winterjacke. Wir schaffen es diesmal wieder nicht zu einem Treffen. Du denkst, ich sei im Moment zu labil um einfach nur ein paar schöne Stunden miteinander zu verbringen. Ich sehne mich unheimlich nach Nähe.

Paar Wochen später haben wir nach unheimlichem Kaspertheater meinerseits endlich ein Treffen zum Kaffee trinken. Ich trinke nicht mal Kaffee. Als ich dir die Tür öffne, ist das erste, was ich spüre deine Lippen auf meinen und es fühlt sich immer noch so gut an wie beim ersten Mal. Du bekommst deinen Kaffee, wir sitzen ganz brav auf dem Sofa und labern über dies und das, hören Musik. Ich merke die ganze Zeit, wie du mich wieder musterst, bei jedem Schritt den ich mache. Eigentlich wolltest du schon lange gefahren sein. Ich lege meinen Kopf auf deinen Schoß, du kraulst meinen Rücken. Wir wollen beide nicht, dass du gehst. Irgenwann musst du. Mutti braucht deine Hilfe. Du hast versprochen die Wäsche zu machen. Wir küssen uns leidenschaftlich zum Abschied. Ich spüre wie deine Hände über meinen Körper wandern. Dann fällt die Tür ins Schloss.

Wieder vergehen Monate. Dann kommt die nächste Nachricht. Ich hätte dir noch einen Kaffee versprochen. Den holst du dir heute. Noch stehst du im Stau aber noch bevor ich bereit dafür bin klingelt es an der Haustür. Du drückst mich gegen den Türrahmen. Ich will dich, flüstert du. Ich stotterte irgendwas vor mich hin. Wir setzen uns. So unbeteiligt, gleichgültig, wie das gerade jetzt eben geht. Du stehst auf, schaust mich an, beugst dich über mich, küsst mich, streichelst mich. Ich fühl mich unheimlich wohl bei dir. Kopf aus und ich krall mich an dir fest. Als du aufstehst, stotterst du Minutenlang immer wieder das gleiche Wort. "Ay Caramba" Ich muss kichern. Hätte nicht gedacht, dass es so matched. Nicht beim ersten Mal. Eigentlich nie. Ich hatte eher Angst vor dir und dem, was passieren könnte. Kurze Zeit später bist du weg. Aus meiner Wohnung. Aus Deltown. Aus meinem Leben. Vorerst...

Ich krieg dich eine ganze Weile nicht aus dem Kopf. Vielleicht will ich das auch gar nicht. Mama findet dich niedlich. Wenn er das ist, dann geh, sagt sie. Ich hätte hier nichts zu verlieren. Insgeheim habe ich schon beschlossen, dass wir das Experiment wagen. Who the f*ck ist schon Berlin?!?

Du meldest dich wieder dein typisches halbes Jahr später. Du denkst an mich. Öfter. Du wärst in der Gegend. Ne ganze Woche diesmal. Jackpot, denke ich. Diesmal ist es deiner. He's completely mind-fucked. Aber das einzige, was bei der Unterhaltung fucked ist, bin ich, und zwar abgefuckt. Es fällt ein kleines Wort, was meine Pläne bröseln lässt. Fremdficken... Ich bin vergeben, schreibst du.

Die Folgetage diskutieren wir lang und breit, was Beziehung bedeutet. Sie ist nicht so hübsch wie du, tippst du, sie macht mich nicht so an im Bett. Du hast mich verarscht, antworte ich, du hast gesagt du wärest schonungslos ehrlich. Du versuchst zu versichern, dass du sie nach mir kennen gelernt hättest. Damals hätte sie nicht in deinem Leben existiert. Ich versuche als Schadenbegrenzung mein Kartenhaus wieder aufzustellen und ziehe den Zaun extra höher. Warum hat die, was mir gehört? Ich bin hübscher als sie, ich bin besser als sie, schreibe ich, aber sie ist deine Freundin... Weisst du, wenn sie die Nummer eins wäre, gäbe es diese Unterhaltung hier nicht. Damit ist für mich alles gesagt.

Ich wollte dir ne Kleinigkeit vor die Tür stellen, hab mich dann aber dagegen entschieden, schreibst du ein paar Wochen später. Ich wohne im Bermudadreieck, entgegne ich, da steht nichts länger als ein paar Minuten. Du sollst deinen Prinzipien nicht untreu werden... Sollte, antwortest du. Wenn man in einer Beziehung ist, fragst du weiter, darf man sich dann in jemand anderes verknallen? Wenn das passiert, sage ich, bin ich in keiner Beziehung mehr. Fremdgehen fängt im Kopf an. Ich mag unsere Unterhaltungen immer noch. Ich mag es, dass ich sagen kann, was ich denke ohne ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen. Ich dachte, du stehst auch auf guten Sex, schreibst du irgendwann. Ihr würdet euch beide anderweitig vergnügen. Das ist nichts für mich und ich weiss nicht, wie sehr das dieses Mal gelogen ist. "Deshalb steht in meinem Profil ja auch an erster Stelle, dass nur was festes suche, quake ich weiter, damit meine ich natürlich Schwänze. Ist klar. Kann man schon mal falsch verstehen. (...) Anscheinend kann dich irgendeine berliner Tussi besser vögeln als ich. Möge die bessere gewinnen" Ich kann von niemandem die Einstellung ändern, das habe ich die letzten Monate lernen müssen, mehrfach, auch wenn ich so sehr will. Er meldet sich seitdem fast täglich.

Männer trennen sich nicht so einfach, schreibt ein Bekannter, aus Gewohnheit. Ein Mann merkt erst, wenn es zu spät ist, dass es zu spät ist. Das heisst dann wohl aufgeben für mich. Ich zerstöre keine Beziehungen, nicht bewusst kalkuliert zumindest aber ich bin es leid gegen Windmühlen zu kämpfen.

Youtube springt in dem Moment auf das nächste Lied um: Sido...

"Steig ein!
Ich will dir was zeigen
Der Platz an dem sich meine Leute rumtreiben:
Hohe Häuser - dicke Luft - ein paar Bäume - 
Menschen auf Drogen, hier platzen Träume
Wir hier im Viertel kommen klar mit diesem Leben
Ich hab alle meine Freunde aus dieser Gegend
Hab doch keine Angst vor dem Typen mit dem Schlagring
Er ist zwar 'n bisschen verrückt doch ich mag ihn
Ich kann verstehn', dass du dich hier nicht so wohl fühlst
Dass du viel lieber zu Hause im Kohl wühlst
Du sitzt lieber an nem gutgedeckten Tisch
Dann merkst du ganz schnell, Berlin ist nix für dich!"

Montag, 21. Januar 2019

I am 34 now...

Es piept noch zwei Mal in der Leitung bevor sich eine schwache Stimme meldet. "JA?" Ich erkenne sie nicht mehr. Die klingt wie auf Drogen gesetzt. Vermutlich ist sie das auch wegen der Schmerzen. Sie spricht nicht sauber, erzählt leise und ich habe Probleme ihr im verwirrenden Zustand zu folgen. Sie erzählt mir immer wieder, dass es bald vorbei sein könnte, springt ständig zwischen den Themen, es geht ja so schnell, es geht ihr so schlecht heute. Ich sehe im Spiegel vor mir, wie de Tränen laufen. Du darfst jetzt nicht weinen, denke ich. Einer muss stark bleiben. Du kommst da wieder raus, Mama, ok? Und wenn du etwas brauchst, dann meldest du dich! Ich brauche dich noch.

Erst war alles gut und auf einmal war es böse. Ich schlucke, als ich aufgelegt habe, doch es kommen keine Tränen. Ein Kumpel schreibt in dem Moment. "ich glaub meine Mama muss sterben und alles, was die fragt, ist, ob ich jemanden kennen gelernt habe" antworte ich und dann stottere ich absolut sinnloses Zeug vor mich hin. "sie sorgt sich um dich" antwortet er. Sie sollte sich jetzt mehr um sich selbst sorgen, denke ich. Sie sollte all ihre Kraft zusammen nehmen um zu überleben, denn ich brauche sie noch. Ich bin immer für uns beide stark gewesen, jetzt muss sie mitmachen. Wir haben das so oft geübt.

Manchmal ist das Leben rückwirkend betrachtet ein Film, der schon viele Hinweise gibt. Hinweise, dass mit mir etwas nicht stimmt, Hinweise, dass da noch weiteres folgt. Vielleicht war auch das letzte Wochenende, dass ich kotzend im Bad verbracht habe ein Hinweis, dass etwas rauskommen soll, was ich vorher nicht wusste. Sorry für das ekelhafte Bild aber das Leben schreibt zu wenige schöne Geschichten.

Ich habe nur diese eine Familie und ich will, dass sie weiter besteht. Ich möchte, dass sie weiter hin "Oh nee, du schon wieder" sagt, wenn ich vorbei komme oder, dass sie mir erzählt, dass ich ihr die Haare vom Kopf fresse. Sie kann mich dissen, fertig machen und auf mir rumhacken, ich kann das ab, aber sie soll verdammt noch mal da bleiben.

Alle meine Freunde haben mittlerweile ihre eigenen Familien, ein Zuhause und ich stehe da mit nichts. Wie versagen fühlt sich das in den schlimmsten Zeiten an. Familie, das ist so ein schönes und gleichzeitig so grausames Wort. Ein Wunsch, den ich habe, seit ich klein bin und mit Puppen gespielt habe. Barbie, Ken und Shelly. Es gab nie die Option von alleine sein und es gab nie einen Plan B. Ich möchte irgendwann einmal eine Familie und ich will es besser machen als meine Eltern es gemacht haben. Ohne Alkohol, Gewalt, ohne Schreien und Schimpfen, ohne alleine sein oder gelassen werden. Ich möchte es besser machen, anders. Aber ich bekomme nicht die Chance dazu und ich kann das nicht erzwingen. Ich habe mir den Arsch aufgerissen für Menschen, die es nicht wert waren um deren Wünsche zu erfüllen, die sie nicht verdient haben. Gedankt hat es keiner, aber alle haben sie genommen.

Ich weiss nicht, was Liebe ist, ich habe nie wirklich geliebt, ich kann nicht nachvollziehen, wie es ist jemanden wirklich zu vermissen. Ich weiss nicht, was diese Schmetterlinge sind, von denen alle sprechen. Ich kann dieses loslassen nciht, weil ich Angst vor dem Aufprall habe. Aber ich kann euch viele Geschichten darüber erzählen, wie man jemanden kennen lernt, anfängt ihn zu mögen und dann mit Anlauf eins in die Fresse bekommt. Sei es die Ex-Freundin, Verarschung, Desinteresse. Whatever... Ich habe mittlerweile alle Lügen gehört oder gelesen. Und weil ich meinen Glauben an das Gute im Menschen nicht verliere, falle ich immer wieder drauf rein. Die Tragik an der Geschichte? Meine längste Date-Reihe hatte ich mit jemanden, der mich nur im Bett wollte. Traurig, aber wahr...

Ob ich nun heule oder lächel, das Leben geht weiter... Ich wüsste nur gerne, wann ich endlich genug auf die Fresse bekommen habe um auch mal ein bisschen Glück zu haben, wenigstens ein kleines bisschen, damit ich weiss, dass es sich immer wieder lohnt aufzustehen.

Für alle Schwarzmaler: Ja, ich male tiefschwarz, damit man mir zuhört. Ich kann den Teufel heraufbeschwören mit wenigen Wörtern, aber das ist alles nur dramatisiert, damit ich mich danach besser fühle, Self-therapy! Danke fürs Zuhören, Nobody.

I am 34 now... ich weiss nicht, was Liebe ist, habe keinen meiner Wünsche erreicht, führe ein 0-8-15-Leben, bin nicht sonderlich hübsch oder besitze viel. Aber ich lächel einfach weiter... Das können sie mir nicht kaputt machen!

Theree month to go... - here we go


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THIS ONE IS DEDICATED TO HASI
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Dankeschön :*

Samstag, 5. Januar 2019

Happy new Desaster

Im Sommer sind wir zu dritt, sagt sie und dann gratulieren alle. Glückwunsch, murmele auch ich und versuche dabei möglichst glücklich grinsend auszusehen. Eigentlich kämpfe ich gerade mit den Tränen. Dann geht es auch schon los: Schwangerschaftsübelkeit, Schmerzen, Zunehmen, was passiert mit meinem Körper. Wann sieht man wohl die ersten Anzeichen. All das, worüber werdende Mamis reden und werdende Mamis oder bereits Mamis - das sind hier alle weiblichen Wesen - nur ich nicht... Nach einiger Zeit kann ich auch da kein Interesse mehr heucheln und starre bedröppelt vor mich hin. Ich fühle mich gerade so, als wenn ich nicht mehr dazu gehöre. Was machen die Dates, fragt eine Freundin und reisst mich damit aus meinen Gedanken. Es gibt keine mehr, winke ich ab. Ich will darüber jetzt nicht reden. Ich will bei dieser ganzen Happy-Family-Story jetzt nicht der sein, der das nicht geschafft hat. Der, über den gelacht wird... Und sie lachen laut. Los, erzähl, sagt sie, hast du wieder solche Idioten getroffen. Ich schüttele mit dem Kopf. Ich hab keine lustigen Geschichten mehr. Man hört an ihrer Stimme, dass sie nur was zum drüber lustig machen sucht und ich will nicht derjenige sein, auf dessen Kosten das jetzt geht. Mich macht das nur noch traurig. Ich bin froh, dass wir mit Raclette anfangen. Nach drei Pfännchen ist Schluß und ich stochere in den Resten auf dem Teller rum. Iss noch was, sagt ein Kumpel. Ich schüttele den Kopf: Satt, murmele ich, aber eigentlich ist mir schlecht. Schlecht von den ganzen Erinnerungen und miesen Erfahrungen, die wieder hochgekommen sind. Ich bin ja selbst Schuld, ich lasse es zu...

Nach dem Essen kommt direkt mein zweitliebstes Thema: Hast du schon mal wieder was von deinem Ex gehört? Es ist mein Ex, ich bin froh, wenn ich nichts davon höre... Ich erzähle, dass meine Mum ihn bei Aldi getroffen und ausgequetscht hat. Er würde jetzt sein Leben genießen, aber ist immer noch voll am Leben vorbei. Leben genießen bedeutet wohl mit irgendwelchen Z-Promis was zu haben und das jedem auf die Nase zu binden. Der kauft sich die Frauen mit Geld, sagte meine Mami damals, anders bekommt er keine ab. Er hatte mich, ich bin nicht stolz drauf, aber ich war verdammt noch mal nicht gekauft. Irgendwas scheint bei mir ganz furchtbar falsch zu laufen. Sei froh, dass du ihn los bist, sagt ein Kumpel, der früher super mit meinem Ex klar kam. Er habe sich noch einmal mit ihm getroffen, stolz erzählt, dass seine Frau schwanger sei und nur angewiederte Blicke geerntet und sich dann Stories anhören müssen, wie geil er sei und wen er alles hatte. Nutten zahlt man mit Geld, Frauen mit Aufmerksamkeit, denke ich. Ich bin froh als das Thema vorbei ist und noch glücklicher bin ich, dass ich da viel zu spät doch raus gekommen bin.

Alle guten Dinge sind drei, alle schlechten anscheinend auch. Und wieder suchen sie mir irgendwelche Männer, mit denen ich ja zusammensein könnte. Diesmal trifft es den Trauzeugen. Das würde dann ja auch super passen, sagt meine Freundin, beide Trauzeugen zusammen. Ich kann nicht mal mehr lächeln. Es spukt zu viel in meinem Kopf rum, aber eine Sache wiederholt sich in meinem Kopf immer wieder, lässt mich nachts immer wieder aufwachen: Der Brautstrauss soll geworfen werden und alle zerren mich auf einen Platz und ich wehre mich, weil ich die einzige bin, schreie, weine, ich will da nicht hin. Dann wache ich jedes mal auf.

Die Argumente, warum nun dieser Typ wieder der absolute Traummann für mich wäre, sind genauso bescheuert wie die Idee an sich. Er hat ein Auto, er verdient gut und er ist tierlieb. Großartig, wie viele Millionen andere Männer auch. Beifall, Mädels, so fängt man Schlampen, ich hoffe ernsthaft, dass eure Beziehungen auf anderen Säulen stehen. Ich verabschiede mich wieder in meine Gedankenwelt.... Alter wäre ja nicht so wichtig, bla bla. Sie stalken seine Facebookseite und die Fotos, die ein Kumpel von den beiden in Kourou auf Geschäftsreise gemacht hat. Eine Freundin hält mir das Handy unter die Nase: Hier, guck mal, wäre der nichts für dich? Guck mal, der ist doch gar nicht so schlecht. Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört "gar nicht mal so schlecht" zu daten, ich will wohl fühlen, kribbeln und intensive Blicke. Ich kenne ihn live, sage ich, du brauchst mir die Bilder nicht zeigen. Oh lala ihr kennt euch, grinst sie. Er war letztens auch hier, nichts besonderes, sage ich. Ja, aber guck doch mal..., versucht sie weiter. NEIN, sage ich. Ich glaube sie hat jetzt verstanden, dass es zu weit geht. Dann gehen sie wieder in ihren Freundeskreisen alle möglichen Kandidaten durch und lachen sich halbtot, weil das wieder ein Fall für eine lustige Story wäre. Ich bin es leid und höre nicht mehr zu. Offenbar gibt es da nur noch Idioten. Ich gehöre jetzt wohl zu denen.

Ich bin froh, dass sie sich bis Mitternacht mit der Reise nach Kourou eines Kumpels und der bevorstehenden Hochzeit beschäftigen können. Ich erzähle den Abend über kaum etwas. Ich habe nichts zu erzählen, was hier irgendwen interessiert. Will keiner wissen, wo ich mit meiner Kollegin essen war oder ob wir Basketball oder Eishockey geguckt haben. Dass wir uns Disney on Ice angucken werden, wenn die das erste Mal stillen oder die ersten Tritte spüren, ist jetzt auch eher fehl am Platz zu erwähnen. Früher, da haben wir sowas alle zusammen gemacht. Da haben wir uns mit den Fächern mit denen im Stadion Lärm gemacht wird, selbst geprügelt oder ungenießbare Cocktails probiert, die unsere Freunde nach paar Promille gemixt haben und wir haben gelacht über jede Fratze, die dabei gezogen wurde. Das ist lange her.

Es ist nicht so, dass ich dieses Familiending nicht will, es hat sich nur einfach nicht ergeben und weil ich nicht in die Zukunft schauen kann, weiß ich nicht, ob ich es jemals bekomme. Möglicherweise bleiben hier Wünsche unerfüllt. Man sagt, man wäre so lange alleine bis man gelernt hätte alleine zu sein. Ich denke, ich war ziemlich gut im letzten Jahr. Mir fehlt nichts. Mir versucht nur immer wieder mein Umfeld einzureden, dass da etwas nicht stimmt. Ich hab viele neue Freunde im letzten Jahr gefunden. An mir liegt es nicht. Och, bei Shoppingqueen, sagte meine Mama, da sind die verrückten Weiber über 50 meist alle alleine. Ja, sage ich, die sind alleine, weil die Welt kaputt ist.

Es ist kurz vor Mitternacht. Bewaffnet mit Sektgläsern zählen wir den Countdown und wünschen uns ein frohes Neues. Wir wandern dieses Mal lustig um den Tisch bis wir jeden geknuddelt und mir jeder zum Geburtstag gratuliert hat. Dann stehe ich alleine da, weil die Paare sich im Arm haben und rumknutschen. Ich würde auch so gerne wissen, wie sich diese ominöse Liebe anfühlt, aber ich bin vielleicht zu sehr Kopfmensch dafür. Ich trinke mein Glas aus und gehe schon mal raus. Zwei Mädels zünden Wunderkerzen an. Eine dritte ist über. Ich warte auf N., sage ich. Als sie rauskommt, wechseln wir paar Wörter, dann hat sie wieder das Babyphone am Ohr. Unsere Wunderkerze bleibt dieses Jahr aus.

Die Mädels machen fröhlich weiter mit 4 Kilo in den ersten Wochen zugenommen. Seltsame Dinge, die Frauenärzte tun und was darf ich alles essen. Mir erscheinen die Männergeschichten gerade spannender, warum er den Corsa gegen einen Clio getauscht hat. Die Stunde Fahrt nach Hause verbringe ich in Gedanken. Verpasse ich etwas, wenn ich das nicht mitmache? Ich habe mir das früher immer gewünscht. Dieses Familienbild, toller Mann, Haus und eine niedliche Familie davor, bei der alle lächeln. Ich wollte es besser machen als meine Mama. Und alle haben immer gesagt, ich bin die erste, bei der es so weit ist. Manchmal kommt es anders als man denkt.

Meinen Geburtstag verbringe ich dieses Jahr alleine auf dem Sofa. Kein Kuchen, keine Geschenke, kein Lachen. Nicht mal meine Eltern rufen an, eine kurze Nachricht ersetzt das jetzt wohl. Ich finde das traurig. Gefühle müssen in Smilies ausgedrückt werden und weil ich wenige Smilies benutze, sagen einige zu mir, ich sei kalt, würde böse klingen. Witzig, dass sowas gerade von den Menschen kommt, denen es so schwer fällt jemanden einfach mal zu loben oder etwas positives vor anderen über jemanden zu sagen, Dabei ist es so wichtig, dass man Anerkennung bekommt. Aber hey, der Fehler liegt bei mir. Nun gut, wenn es zur Lösung eines Problems führt, dann bin ich gerne Schuld.

Ich denke den ganzen Tag mehr oder minder darüber nach, ob es irgendwen stören würde, wenn ich jetzt nicht mehr hier wäre. Nun, aktuell wohl nicht. Es ist niemand hier. Whatsappgrüße kann man in die ganze Welt schicken. Im Job bin ich ersetzbar, wie wohl jeder andere auch. Einen Partner gibt es nicht, zu Geschwistern wenig Kontakt. Es gibt einige Freunde und trotzdem fühlt es sich so an, als wenn ich hier nicht hingehöre. Ich fühle mich hier falsch. So, als wenn alle einen Level weiter wären, ich den Endgegner nicht schaffe und wir spielen nicht mehr im gleichen Team. Ich fühle mich gerade eher nach Reset und noch mal neu anfangen.