Sonntag, 9. Juli 2017

#BODYPOSITIVITY

Schönes Wort, oder? Damit schmeissen so viele Blogger im Internet gerade um sich. Liebe deinen Körper, sei so wie du es willst, niemand kann dir vorschreiben, was du zu tun oder zu lassen hast. Das sind die Leitsätze, die jeder dieser Beiträge in sich hat. Die werden vll hier auch früher oder später fallen. Aber ist das wirklich so einfach? Man mag sich selbst und schon ändert sich für dich die Welt?

Back in the days... Gehen wir mal ein bisschen in die Vergangenheit. Ich war nicht immer so, wie ich jetzt bin. Ich habe mal an das Gute in jedem Menschen geglaubt und bin mehrmals enttäuscht worden. Es ist halt so, dass man an Erfahrungen wächst und es ist wahr: was dich nicht tötet macht dich stärker, doch es lässt dich auch abstumpfen. Es lässt dich leiden und im schlimmsten Fall gehst du durch die Hölle. Mir ist die Hölle bis jetzt erspart geblieben.

Dennoch habe ich einige Erfahrungen gemacht, die mich leiden ließen. Man wächst an Dingen, die man erlebt hat und mein Stolz zwingt mich immer wieder aufzustehen, egal, wie oft ich falle. Möglicherweise ist mein Stolz daran schuld, dass das aus mir geworden ist, was ich jetzt bin. Doch das war nicht immer so.

When I was 16... Ich war nie sonderlich beliebt. Ich war eines dieser Kinder, die man gerne vergessen oder übersehen hat. Stets im Hintergrund, immer irgendwie unbemerkt, zwar dabei, aber nie in der Hauptrolle. Ich wollte nie die Hauptrolle, es gibt Dinge, die sind wichtiger als mein Leben. Das habe ich zumindest geglaubt. Keine Ahnung, was ich kann, keine Ahnung, was ich will, keine Ahnung, was aus mir werden soll. Und während meine Freundinnen schön zu Dates rannten und sich von Jungen beschenken ließen, saß ich Zuhause und habe gehofft, dass die Zeit schnell rum geht und ich wieder in die Turnhalle kann. Es gab nichts anderes für mich. This was the place to be. 4-5 Tage die Woche.1-5 Stunden fast jeden Abend.

Es war wieder einer dieser Abende als ich als Trainer in der Halle stand und eines meiner Mädels vollkommen aufgelöst zu mir kam. Mit Tränen in den Augen schaute sie mich an und schluckte: "Die haben gesagt, ich bin fett. Bin ich hässlich?" Ich schaute sie an, schüttelte mit dem Kopf. Wie können die nur, dachte ich, wie können sie zu so einem kleinen hübschen völlig normalen Mädchen sagen, sie sei zu fett? Das sind dumme Menschen, sagte ich zu ihr, lass dich von denen nicht ärgern. Wenn du willst, kannst du weniger wiegen, die sind dumm, schlau werden ist da schon schwieriger. Sie lächelte und rannte zu ihren Freundinnen zurück. Wenn ich daran heute zurück denke, muss ich lächeln. Wenn ich nur einer Person das Gefühl gegeben haben sollte etwas besonderes zu sein, dann hat es sich gelohnt. Wir kritisieren zu viel, wir loben zu wenig.

Warum erzähle ich das aber nun, wo es hier um Bodypositivity geht? Bis jetzt war da ja noch wenig positives... Ganz einfach - von Geburt an, sind wir alle gleich: egal, ob schwarz, ob weiß, wir haben einen Magen, eine Leber, ein Herz. Aber wir haben auch Gefühle, machen verschiedene Erfahrungen, lernen. Und so wird aus einer Person ein bewunderter Held und die andere sitzt an der Straße und bettelt! Möglicherweise hat die eine Person gelernt sämtliche Chancen zu ergreifen und die andere lässt einfach alles über sich ergehen. Was jeder mit sich machen lässt, ist seine Endscheidung.

Seit etwas einem halben Jahr läuft mein Leben durchaus zufriedenstellend, zumindest nach meiner Auffassung, wie ich es mir wünsche. Ich habe gelernt, dass man Glück nicht mit Geld kaufen kann und ich nicht aus Verzweiflung Bindungen eingehen sollte, nur um nicht alleine zu sein. Seitdem kann man sagen, habe ich wesentlich mehr positive als negative Erfahrungen gemacht. Nichts desto trotz überwiegen im Moment noch die negativen Erfahrungen der letzten Jahre und machen es mir noch oft schwer positives bedenkenlos zuzulassen. Ist ne Sache, die ich versuche zu ändern und nicht immer einfach. Aber ich weiss auch, dass die positiven Erfahrungen leider oft an den -15 kg, meinen langen Haaren oder den Glubschaugen liegen. Was erschreckend ist, ist wie oberflächlich die Welt ist und das bin ich auch. Ich suche einen Partner im Internet, entscheide anhand eines Fotos, ob das jemand sein könnte, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Das ist nicht nur bescheuert, das ist vollkommen krank. Aber viele tun es und nennen als Ausrede keine Zeit. Wenn ich die nicht habe, habe ich auch keine Zeit jemanden kennen zu lernen, dann kann ich das auch lassen.

Weil meine Fotos so hübsch sind und die Menschheit so oberflächlich, hagelt es auch regelmäßig Likes, Nachrichten und Komplimente. Dann triffst du dich mit einer Person und das erste, was sie macht, ist dir in den Bauch pieksen und über die paar Kilo zu viel zu lästern. Dann kannst du die beste Einstellung zu dir selbst haben, in dem Moment bröckelt deine Bodypositivity. Vergessen sind die 15 kg weniger, du fühlst dich, als hättest du nur Stroh auf dem Kopf und das leuchten in den Augen ist weg. Die Person sieht nur, was jetzt gerade ist, sie kennt deine Geschichte nicht. Denn egal, wie begeistert du selbst im Moment von dir bist und egal wie wohl du dich vorher gefühlt hast, du merkst, dass andere Personen das vielleicht ganz anders wahrnehmen. Vielleicht finden sie dich nicht so hübsch, wie du es tust und auf einmal fühlst du dich weniger wert. Diese Menschen sind daran schuld, dass das Prinzip Bodypositivity scheitern wird. Denn es ist ganz egal, wie oft ich mich vor den Spiegel stelle und mich anlächele, sobald jemand was gegen mich sagt, zweifele ich. Egal, wie groß das Selbstbewusstsein ist. Auch, wenn das zuerst an mir anzuprallen scheint, so trifft einen jede dieser Aussagen wie ein Nadelstich. Man denkt in einer stillen Minute drüber nach. Ein Nadelstich, verwindend klein, macht doch gar nichts, denken viele. Nimm ein Blatt Papier und eine Nadel. Steche jeden Tag ca. 3 Mal in eine neue Stelle des Papiers. Es wird nicht lange dauern und aus den kleinen Löhern werden größere bis das Blatt komplett zerstört ist. Wir dürfen uns nicht von diesen oberflächlichen Menschen zerstören lassen. Und ich wünsche allen Menschen, die manchmal wie ich zweifeln, jemanden, der alle die Löcher flickt. Jemanden, der alle ihre Zweifel nimmt mit intensiven Blicken, mit leidenschaftlichen Küssen, mit Umarmungen und mit Komplimenten. Jemand, der ihnen gut tut. Aber noch mehr wünsche ich mir, dass ihr diese Dinge annehmt und das gleiche zurück geben könnt und nicht wie ich versucht euch selber wieder aufzubauen, weil ihr Angst habt verletzt zu werden. Alleine ist definitiv der schwierigere Weg... Vielleicht auch der Falsche! Lasst die andere Person an euch ran. Puh, ganz schön leicht gesagt, ich weiss aber wie schwierig das ist, manchmal vielleicht sogar unmöglich.

Wollen wir jetzt eben noch die ganzen schlauen Sprüche à la glaubt an euch selbst, dann könnt ihr alles schaffen und du bist schön, egal wie du bist und einzigartig und... bla bla bla runterrattern? Bullshit ist das. Klar, muss das Selbstbewusstsein da sein, damit du alleine aus dem Nest kommst, aber es sind Partner, Freunde uns Familie, die dir helfen zu dem zu werden, was du sein willst. Der Mensch ist kein Einzelgänger, der Mensch geht kaputt, wenn er einsam ist.

Ich habe zur Bodypositivity offenbar eine eher negative Einstellung, was aus meiner Pessimistensicht jetzt nicht verwunderlich ist ABER ich denke, du bist das, was dir gesagt wird, was du bist. Wenn du einem Kind immer wieder sagst, wie sehr du es liebst, wie großartig es ist und wie gut es bestimmte Dinge kann, dann fängt es an, an sich zu glauben, geht seine Schritte alleine und baut vielleicht das, was positiv genannt wurde aus. Wenn du einem Kind immer wieder sagst, dass es  nichts kann, wird es sich verstecken, vll schämen, weil es Angst hat Fehler zu machen. Ich war das zweite Kind. Es ist nicht unmöglich seine Einstellung zu sich selbst du ändern, es ist nur schwerer. Stell dich jeden Morgen vor den Spiegel, lächel dich an, schau dich an, sieh die positiven Seiten. Wenn niemand an dich glaubt, musst du es selber tun. Zugegeben, es ist nicht immer einfach und es werden auch viele Tiefs kommen, aber dann musst du dir halt einmal öfter sagen, dass du hüsch, intelligent oder was auch immer du sein willst, bist, als wie die oberflächliche Welt dich runter macht. Mich haben so viele Menschen bewertet ohne mich zu kennen. Interessant, wie viele mich sehen, aber die wenigsten lagen richtig. Nur du entscheidest, welches Bild du nach aussen hin erzeugst.

Bodypositivity, das schreiben sie zu Bildern, wo sich 150 kg-Frauen in Bikinis quetschen und du siehst in ihren Blicken, dass sie sich unwohl fühlen. Bodypositivity ist das sicher nicht. Es ist eher mich zu akzeptieren, wie ich bin, es bedeutet nicht, dass ich allen meinen Arsch entgegenstrecken muss, egal, wie fett. Ich kann mich mögen, auch, wenn wie in meinem Fall nicht alles perfekt ist. Aber wenn ich morgens in den Spiegel schaue, lächele, dann sehe ich eine hübsche Frau, die zufrieden ist mit sich, weil sie viel alleine erreicht hat, viel durchgemacht hat und immer noch aufrecht steht, weil sie nein sagen kann und nicht alles mit sich hat machen lassen.Ich habe vielleicht nicht die ganze Welt gesehen, aber ich kann über den Tellerrand hinausschauen. Ich weiss, dass ich Macken habe, dass ich gelegentlich schwer zu ertragen bin, aber das gehört zu mir. Genauso, wie alle schönen Dinge, die man mit mir erleben kann, wenn man mir die Zeit gibt Vertrauen aufzubauen.

Vielleicht ist diese Bodypositivity das falsche Wort für das, was ich mitteilen will. Body, das ist eine Hülle. Das ist das Bild, was die oberflächliche Welt von dir sieht. Ein hübsches Äusseres macht es dir so viel einfacher, ich weiss, wovon ich spreche. Positiv, Wikipedia schreibt, es sei "gut und erfreulich". Wir haben also eine gute Hülle. Das ist genau das, was wir nicht wollen. Warum wird versucht uns einzureden, wir müssen uns lieben und reduzieren uns dabei nur auf das sichtbare? Wir wollen, dass jemand in die Hülle dringt und darin etwas viel hübscheres findet, abseits von geschminkten Gesichtern, gefönten Frisuren und hübsch verpackten Körpern. Ich glaube, ich werde Bodypositivity aus meinem Wortschatz streichen. Dieses Wort gibt es nur, weil andere Menschen dafür sorgen, dass du dich schlecht fühlst. Wäre das nciht so, müssten wir darüber gar nicht sprechen. Wir müssen die Menschen in ihren Köpfen ändern, wir müssen weniger oberflächlich sein. Man versucht den Betroffenen einzureden, sie müssen nur sich selbst lieben und alles wird gut, doch das tut es nicht. Du hast lediglich eine andere Ausstrahlung nach aussen. Das ist alles. Wenn du etwas willst, musst du dafür kämpfen und das ist ein wenig mehr als positive Ausstrahlung haben...

One day... hoffe ich, dass jeder die Person findet, die in dir genau das sieht, was dich so besonders macht. Ich glaube, es ist wichtiger zu lieben und geliebt zu werden, alles andere kommt von selbst ♥

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